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Mainbernheim - Historisches Markgrafenstädtchen im Landkreis Kitzingen.
Blick über die Stadt mit oberem Turm

Der Energetische Rahmenplan

Stadtsanierung unter Berücksichtigung der EnEV 2002
am Beispiel Stadt Mainbernheim

Allgemein

Die Notwendigkeit der CO2-Reduktion, sowie die Vermeidung von Energieverbrauch gewinnt immer stärkere Bedeutung. Da ca. 80 % des Wohnungsbaubestandes der Bundesrepublik Deutschland vor 1984 errichtet wurde, dieser Bestand jedoch ca. 94 % des gesamten Heizenergiebedarfes verursacht, ist hier das größte Einsparpotenzial gegeben.

Die EnEV 2002 verlangt Nachrüstungen im Bestand, flankiert von Fördermöglichkeiten bei entsprechender CO2-Reduktion. Jedoch gibt es in der ENEV 2002 die Möglichkeit der Befreiung bei Denkmalschutz und Unwirtschaftlichkeit. Dies bedeutet für Mainbernheim, daß bis zu 80% der Anwesen nur auf freiwilliger Basis verbessert werden oder auch nicht.


Bestandsuntersuchung

Die Bestandsuntersuchung zeigt, dass im Altort Mainbernheims im Durchschnitt 227 kWh/m2a Heizwärmebedarf besteht, bei einer CO2-Emission von durchschnittlich 120 kg /m2 a. Mainbernheim verfügt über ein gutausgebautes Erdgasnetz. 49 % aller Heizungen werden mit Erdgas betrieben.

Die Untersuchung zeigt, dass ca. 75 % der Außenwandflächen wegen Grenzbebauung oder aus Gründen des Denkmalschutzes bzw. ortsbildprägender Bauteile keine Außendämmung erhalten können. Ca. 40 % der Anwesen haben keine Zentralheizung; in Verbindung mit dem Städtebaulichen Rahmenplan wurde die Sanierungsdringlichkeit der einzelnen Gebäude festgestellt. 36 % der Häuser werden mit alten Einzelöfen beheizt und benötigen im Sanierungsfalle eine neue Zentralheizung, bei Öl mit neuem Kamin, Öllager sowie komplett neuer Heizungstechnik, bei Gas Anschluss, Therme und Abgasführung. Bei Einbau von neuen Zentralheizungen werden nur relativ schlechte Anlagenkennwerte erreicht. Da bei ca. 75 % aller Gebäude keine ausreichende Nachdämmungsmöglichkeit gegeben ist, werden trotz Sanierung viele Anwesen keine CO2-Minderungs-Förderungsmittel erhalten können. Somit sind die gesamten Sanierungskosten im Wesentlichen aus eigenen Mitteln zu decken. Dies bei Häusern, die z. T. derzeit einen erhöhten Sanierungsstau aufweisen und momentan mit hohen Energiekosten belastet sind. Die Untersuchung zeigt ganz deutlich, dass Einzelmaßnahmen an den einzelnen Gebäuden sehr aufwendig sind und teilweise wenig bewirken.


Der Ausgleich durch eine erhöhte Solarkollektornutzung in Verbindung mit effizienter Technik, wie z.B. Wärmepumpe und Blockheizkraftwerk sind in der Regel für das Einzelanwesen nicht bezahlbar. Mit herkömmlichen Heizungseinbau in Verbindung mit etwas Nachdämmung wird jedoch das Sanierungsziel und entsprechende Fördermöglichkeiten meist nicht erreicht. D. h. es besteht die Gefahr, dass zwar Generalsanierungen durchgeführt werden, diese aber nicht den wünschenswerten Baustandard erreichen.


Ausblick

Die Untersuchung kommt daher zu dem Ergebnis, dass eine nachhaltige Wärmeversorgung im Gebäudebestand durch den Einsatz von solargestützten Mikronahwärmenetzen möglich ist. In Mainbernheim bietet sich vor allem KWK (Kraft-Wärme-Kopplung in Heizkraftanlagen) mit Erdgas an. Diese Nahwärmenetze sollten mit einer Energieeffizienz von möglichst 2 - 3 arbeiten, um damit den fehlenden Verbesserungsfaktor an den einzelnen Gebäuden in der Bilanz auszugleichen. Durch Anschluss an ein solches Nahwärmenetz, dessen Verbrauchsenergie in der Bilanz durch die Stromherstellung weitgehend CO2-arm bereitgestellt wird, hat für die einzelnen Häuser folgende Vorteile:

1. Kein neuer Kamin, Heizraum oder Tankraum notwendig,
2. Bereits durch den Anschluss an das Nahwärmenetz wird eine hohe CO2 -Minderung erreicht, wodurch Fördermöglichkeiten gemäß CO2-Minderungsprogramm erschlossen werden,
3. Durch den Anschluss hat der Verbraucher Anteil an bestmöglicher Technik im Bereich Solarkollektor, Blockheizkraftwerk, effiziente Technik, evtl. Biomassenheizung,
4. Durch den Wärmebezugspreis ist die Wartung der Eigenanlagen, Kaminkehrergebühren, Abschreibungs- und Erneuerungskosten einer eigenen Anlage abgedeckt und muss nicht gesondert finanziert werden,
5. Unter Berücksichtigung bestmöglicher Förderung kann eventuell ein Gebäude saniert werden, welches ohne Fördermittel und gemeinschaftliche Heiztechnik nicht finanzierbar wäre,

Durch den kostengünstigen Anteil einer CO2-armen Energieversorgung wird mehr Hausbesitzern die Sanierung ihres Hausbaubestandes ermöglicht. Dadurch wird die Attraktivität des Altortes gesteigert und den Leerständen sowie der Abwanderungen in die Stadtrandbereiche entgegengewirkt.

Das vorgestellte Projekt ermöglicht eine umfassendere und ganzheitliche, in Anschaffungs- und Verbrauchskosten günstigere und zukunftsfähigere Sanierung von Altbausubstanz bei vergleichbaren Investitionskosten. Dadurch wird insgesamt ein höheres Bauvolumen ermöglicht, welches die Attraktivität des Altortes schneller steigert. Durch die höherwertigen Techniken werden Produkte eingesetzt, die aus Zuwachsbranchen kommen.

Die Besonderheit der Mikronahwärmenetze in Mainbernheim besteht darin, dass vorgesehen ist, kirchliche, öffentliche und private Gebäude gleichermaßen zu vernetzen und mit Wärme zu versorgen. Des weiteren sollen Abrechnungssysteme erprobt werden, die zum einem so aufgebaut sind, dass ein Minderverbrauch im Tarif sich positiver auswirkt als ein Mehrverbrauch.


Modellszenarien

Als Ergebnis der Untersuchung wurde eine Gegenüberstellung erarbeitet, die die Vergleichswerte eines Idealfalles mit dem sonst erwarteten "Normalfall" = Minimalfall darstellt. Dabei wurde unterstellt, daß alle Anwesen maximal gedämmt werden. Diese Verbesserung könnte eventuell weit geringer ausfallen.


Idealfall
Hier wird die Gebäudehülle kontinuierlich bis 2040 verbessert, auf Grund der z. T. schwierigen Nachdämmmöglichkeiten geht das Modell von einer stufenweise Verbesserung von derzeit 227 kWh/m²a Heizwärmebedarf auf 109 kWh/m²a im Jahr 2040 (Durchschnittswerte des Untersuchungsgebietes) aus. Der derzeit hohe Gasanteil wird bis 2020 sogar gesteigert, jedoch in Verbindung mit der Verwendung von KWK-Anlagen, unter Einbeziehung zentraler Solaranlagen und u. U. der Einsatz von Biomasseheizkesseln z. B. als Spitzenkessel.

Ab 2002 wird der Gasanteil gesenkt und verstärkt durch Biomasse in Energiezentralen ersetzt, gleichzeitig die Effizienz durch höhere Anteile an Nahwärme und Heizzentralen gesteigert. Nur mit dieser kombinierten Maßnahme, ist es langfristig möglich, den Heizprimärenergiebedarf im Faktor 5 - 6 zu senken, den CO2-Ausstoß sogar auf Faktor ca. 10, bezogen auf das gesamte Gebiet. In Energiezentralen kann mit wenig Aufwand eine Umstellung der Energieversorgung oder eine Modernisierung der Technik erfolgen, was bei ca. 260 Einzelheizungen kaum möglich ist.

Minimalfall:
Der sog. Minimalfall berücksichtigt die selbe Dämmungsverbesserungsraten (die in der Praxis, ohne entsprechende Förderung weit geringer ausfallen werden) wie im Idealfall, jedoch ohne Nahwärmenetz und ohne HKA-Technik. Hier ist der Einsparerfolg fast ausschließlich durch Dämmmaßnahmen zu beeinflussen, da die Effizienz der Gasbrennwerttechnik zur Effizienz der bestehenden Anlagen (alte Heiztechnik und Einzelöfen) um max. 40 % verbessert werden kann. Der Faktor Technik wird hierbei zu wenig ausgenutzt. Es besteht die Gefahr, dass versucht wird, die fehlende Einsparung durch viele einzelne private Solarkollektoranlagen auszugleichen, um die Verbrauchswerte zu senken bzw. teilweise auszugleichen. Dies kostet viel Geld und beeinträchtigt das Ortsbild. Außerdem gibt es extreme Unterschiede zwischen den einzelnen Gebäuden, was Auswirkungen auf die möglichst gleich intensive "Bewohnung" bzw. soziale Gefüge haben wird.


Fazit:

Da die verglichenen Lösungen beide von Bestvorstellungen ausgehen, wird in der Praxis der Unterschied der berechneten Modelle weit größer sein. Mit einfachen Zusatzmodulen ist jedoch in einer Energiezentrale die Effizienz steigerungsfähig, was Einzellösungen nie als Potential haben. Außerdem ist bei wenigen Energiezentralen eine Umstellung der Energieversorgung wesentlich einfacher möglich als bei einer Vielzahl von Einzelanlagen.

Für die Umsetzung des Idealkonzeptes in Mainbernheim müssen zusätzlich Anreize oder Festlegungen getroffen werden, da ansonsten nur die Minimallösung sich durchsetzen wird. Es wäre wünschenswert, gerade diese Schwierigkeiten durch ein Pilotobjekt aufzuzeigen und zu bearbeiten.

Mainbernheim bietet ein großes Einsparpotential, unter der Voraussetzung, daß verstärkt Effizienztechnik auf Erdgasbasis eingesetzt wird. Es besteht die Chance, exemplarisch aufzuzeigen, wie durch eine stufenweise eingeführte Nahwärmeversorgung über hocheffiziente Energiezentralen das Zukunftsproblem der Energie- und CO2 - Einsparung im Altort bewältigt werden kann. Die Erkenntnisse, die bei der Durchführung der beschriebene Maßnahmen in Mainbernheim gewonnen werden, können die Grundlage für die Sanierung anderer Städte mit ähnlichen Problemen bei der zukünftigen Beheizung der Gebäude dienen. Mainbernheim kann Pilotobjekt und Vorbild sein.

Aufgestellt: Ha/Kru/Rü Karlstadt, 30.08.2002


Architekturbüro Haase & Partner



Werner Haase